Erhalt und Ausbau der Alleen

Der Begriff Allee stammt aus dem Französischen (von frz. aller = gehen) und beschreibt im allgemeinen Sprachgebrauch eine auf beiden Seiten von Bäumen gesäumte Straße oder einen Weg. Es gibt allerdings auch einreihige Alleen – zum Beispiel auf dem Mittelstreifen von mehrspurigen Straßen. Alleen finden sich in der freien Landschaft, in Parks, in Dörfern und Städten, auf Friedhöfen oder auf privatem Gelände. Historische Alleen begleiten beispielsweise oft Hof- oder Schlosszufahrten. Einen enormen Aufschwung nahm die Pflanzung von Alleen im 18. Jahrhundert als Begleiter von neu angelegten geradlinigen Straßen. Die Bäume dienten dabei zur Fahrbahnmarkierung, verhinderten die Verlagerung des Verkehrs auf die umliegenden Flächen, spendeten den Reisenden Schatten und legten die Fahrbahn trocken.

Nützlich und schützenswert

Allen Alleen gemein ist deren Wirkung: Sie geben der Landschaft Struktur und Richtung, sie schützen die Verkehrsteilnehmer, aber auch die Straße selbst, vor Wind und Wetter, sie bieten einer Vielzahl von Tierarten, vor allem Insekten, Vögeln und Kleinsäugern Lebensraumfunktionen, sie dämmen Verkehrslärm und beschatten den Straßenraum. Auch für zukünftige neue Radwege sind Alleen sehr gut geeignet. Jedoch sind Alleen vielerorts gefährdet, weil sie straßen- und verkehrsrechtlichen Regelungen buchstäblich im Wege stehen. Der Bund deutscher Baumschulen (BdB) e.V. engagiert sich seit Jahren zum Schutz und Erhalt von Alleen in Deutschland. 2016 hat dies auch in der Politik gewirkt. BdB-Präsident Helmut Selders: „Wir begrüßen sehr die Gründung der ‚Parlamentsgruppe Kulturgut Alleen‘ und stehen mit unserer Expertise gerne beratend zur Verfügung. Verkehrssicherheit und Alleenschutz lassen sich miteinander verbinden, wenn wir das Thema ‚Alleen‘ in der öffentlichen Diskussion halten. Unser gemeinsames Ziel mit den Parlamentariern aller Fraktionen ist es, das schleichende Verschwinden dieses großen Kulturgutes aus unseren Landschaften zu verhindern.“

Die RPS 2009

Die „Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme (RPS 2009)“ wurden 2009 von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) herausgegeben. Es handelt sich dabei nicht um eine zwingende gesetzliche Vorgabe. Die Richtlinien zielen vielmehr darauf, nationale Regelwerke an europäische Vorgaben anzupassen, als Reaktion auf das gestiegene Verkehrsauskommen Möglichkeit zur Entwicklung und zum Einsatz neuer innovativer Fahrzeug-Rückhaltesysteme zu nutzen und insgesamt die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Nach einigen Jahren praktischer Anwendung der Richtlinien wächst bei vielen Engagierten jedoch die Sorge, dass die RPS 2009 unter dem Strich zu einem verstärkten Abholzen vorhandener Alleen und zu Zurückhaltung beim Nachpflanzen führt. Vor diesem Hintergrund ist der BdB auch gemeinsam mit verschiedenen Fachbehörden und Naturschutzverbänden, so der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW), der Deutsche Naturschutzring (DNR) und BUND, im Gespräch mit dem Bundesverkehrsministerium und dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat. Ziel dieses Diskurses ist es, die einschlägigen Richtlinien ohne einen Verlust an Sicherheit besser mit dem Erhalt und der Entwicklung der Alleen in unserer Kulturlandschaft abzustimmen. Selders: „Es geht nicht einseitig um Alleenschutz. Selbstverständlich müssen die verkehrssicherheitstechnischen Kriterien eingehalten werden. Aber es kann auch nicht sein, dass Alleen abgeholzt werden oder dass nicht nachgepflanzt wird, ohne andere Möglichkeiten zur Erhöhung der Verkehrssicherheit auszuschöpfen.“

Gemeinden und Landkreise sensibilisieren

Der Schutz von Alleen ist heute in vielen Landesnaturschutzgesetzen ausdrücklich geregelt und sie sind in der Öffentlichkeit als schützenswertes Kulturgut anerkannt. Selders: „Auch die Alleen an kleineren Straßen und Wegen in den Gemeinden gilt es in den Blick zu nehmen. Die Artenvielfalt von wildlebenden Tieren und Pflanzen in der freien Landschaft ist in den letzten 50 Jahren massiv rückläufig – das hat auch mit dem Verschwinden von Alleen, bepflanzten Böschungen und Knicks zu tun.“ Der Verband macht sich auch vor dem Hintergrund der rasanten Entwicklung im Automobilsektor dafür stark, vorhandene Alleen nicht abzuholzen. Ohnehin gingen Verkehrsplaner davon aus, dass sich der Individualverkehr in absehbarer Zeit vollkommen verändern wird. Durch immer weiterreichende Assistenzsysteme bis hin zu selbstfahrenden Fahrzeugen ist der Risikofaktor „Mensch“ immer weniger als Problem anzusehen.